Biographie
Viktor Emil Frankl
1905
1914-1918
Während des 1. Weltkriegs geht es der Familie schlecht, die Kinder betteln auf Bauernhöfen um Brot.
1918-1923
1921
Mit 15 Jahren hält Frankl seinen ersten öffentlichen Vortrag, Über den Sinn des Lebens. Aus einem starken Gefühl für soziale Gerechtigkeit heraus wird er Funktionär der Sozialistischen Arbeiterjugend.
1923
1924
1925
Sein Aufsatz: „Psychotherapie und Weltanschauung“ wird in der „Internationalen Zeitschrift für Individualpsychologie“ publiziert. Er bemüht sich um die Aufhellung des Grenzgebietes zwischen Psychotherapie und Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Sinn- und Wertproblematik, was zum lebenslangen Leitmotiv seiner Arbeit wird.
1926
Frankl hält öffentliche Vorträge auf Kongressen in Düsseldorf, Frankfurt, Berlin. Er legt zum ersten Mal die Idee eines sinnzentrierten Ansatzes für die Psychotherapie vor und verwendet dafür den Begriff Logotherapie, basierend auf dem griechischen Wort logos für Sinn.
1927
Sein Verhältnis zu Alfred Adler spitzt sich zu. Er kritisiert wesentliche Lehrsätze der Individualpsychologie, doch seine Verbesserungsvorschläge werden von Adler abgelehnt. Bald darauf folgt sein Ausschluß aus dem Adler-Verein. Adlers Tochter Alexandra (Foto), Rudolf Dreikurs und andere bedeutende Individualpsychologen bleiben ihm aber lebenslang freundschaftlich verbunden.
1928-1929
1930
Er organisiert eine Sonderaktion zur Zeit der Zeugnisverteilung, woraufhin in Wien die Zahl der Schülerselbstmorde signifikant abnimmt. Das Ausland wird auf ihn aufmerksam: Wilhelm Reich lädt ihn nach Berlin ein, die Universitäten von Prag und Budapest ersuchen ihn um Vorträge. An der Wiener Volkshochschule gibt er den ersten Kurs über Psychische Hygiene, der je stattgefunden hat.
1931-1932
1933-1937
1937
Frankl eröffnet eine Ordination als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Nur wenige Monate später wird Österreich in das Deutsche Reich annektiert, und er muss seine Praxis infolge der Einschränkungen für jüdische Ärzte wieder schließen.
In seinem Artikel Seelenärztliche Selbstbestimmung wendet er sich dagegen, dass Ärzte ihre Autorität dazu missbrauchen, ihren Patienten die eigene Weltanschauung – insbesondere die grassierende deutschnationale Ideologie – aufzuzwingen.
1938
Nach dem „Anschluss“ Österreich an das Deutsche Reich muss Frankl den zweiten Vornamen „Israel“ annehmen und sich als „Fachbehandler“ statt als Facharzt bezeichnen. Seine Ordination wird arisiert, und er muss seine Praxis in die elterliche Wohnung verlegen.
In der berüchtigten „Kristallnacht“ kommen hunderte Juden zu Tode, und viele Synagogen werden zerstört – unter ihnen der prächtige „Leopoldstädter Tempel“ nahe der Franklschen Wohnung.
1939
Frankls Aufsatz Philosophie und Psychotherapie erscheint in einer Schweizer medizinischen Zeitschrift. Darin führt er den Ausdruck „Existenzanalyse“ für das philosophische Fundament der Logotherapie ein.
1940
Frankl wird Leiter der Neurologischen Station am Rothschild-Spital, wo nur jüdische Patienten betreut werden. Dort sabotiert er unter Lebensgefahr die von den Nationalsozialisten angeordnete Euthanasie von „Geisteskranken“, indem er in seinen Gutachten falsche Diagnosen stellt.
Ein Visum zur Ausreise nach Amerika läßt Frankl unbenützt, um seine alten Eltern nicht im Stich zu lassen.
1941
1941-1942
1942
Im September werden Viktor und Tilly verhaftet und zusammen mit Frankls Eltern nach Theresienstadt deportiert. Seine Schwester Stella ist kurz zuvor nach Australien geflüchtet, sein Bruder Walter und dessen Frau versuchen über Italien zu entkommen. Nach einem halben Jahr in Theresienstadt stirbt sein Vater an Erschöpfung.
Im Ghetto Theresienstadt kümmert sich Frankl um die psychologische Betreuung der Internierten. Er organisiert eine Einsatzgruppe, die sich der meist unter Schock stehenden Neuankömmlinge annimmt. In seinen Bemühungen, die Gefahr von Selbstmorden abzuwenden, wird er von Regina Jonas, der weltweit ersten Rabbinerin, unterstützt.
1944
Viktor, Tilly und knapp danach seine 65-jährige Mutter werden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die Mutter wird sofort in der Gaskammer ermordet, Tilly nach Bergen-Belsen gebracht. Frankl wird nach einigen Tagen zum Weitertransport in ein Arbeitslager selektiert. Er kommt nach Kaufering und später Türkheim, beides Nebenlager von Dachau.
1945
Im KZ Türkheim erkrankt er an Fleckfieber. Um einen lebensgefährlichen Gefäßkollaps zu vermeiden, hält er sich nachts wach, indem er sein Buch Ärztliche Seelsorge stenographisch auf Zetteln rekonstruiert.
Am 27. April wird er von US-Truppen befreit. Er wird als Chefarzt in ein Militärspital für Displaced Persons rekrutiert. Um endlich etwas über das Schicksal seiner Frau zu erfahren, schlägt er sich nach Wien durch. Innerhalb weniger Tage erfährt er vom Tod seiner Frau, seiner Mutter und seines Bruders, der gemeinsam mit seiner Frau in Auschwitz ermordet wurde.
In seiner Verzweiflung findet Frankl Halt bei seinen Freunden, allen voran seinem alten Studienfreund Paul Polak. Er ist nun entschlossen, wenigstens sein Buch fertigzustellen und zu veröffentlichen. Sein Jugendfreund Bruno Pittermann, der inzwischen Mitglied der neuen Regierung geworden ist, verschafft ihm einen Arbeitsplatz und eine Wohnung – und eine Schreibmaschine.
1946
Frankl wird Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik. Die rekonstruierte Ärztliche Seelsorge, erweitert durch ein Kapitel über die „Psychologie des Konzentrationslagers“, ist eines der ersten Bücher, die nach dem Krieg in Wien veröffentlicht werden. Die erste Auflage ist nach wenigen Tagen ausverkauft.
Innerhalb von neun Tagen diktiert er das Buch Ein Psycholog erlebt das Konzentrationslager, das später unter dem Titel Man’s Search for Meaning ins Englische übersetzt und zum Bestseller wird.
An der Volkshochschule Ottakring hält Frankl eine vielbeachtete Vortragsreihe, in der er seine Ideen über Sinn und Wert des Lebens, über Leiden und Resilienz, über Freiheit und Verantwortung darlegt. Diese Vorträge werden im selben Jahr als Buch veröffentlicht.
1947
1948
Frankl erhält sein philosophisches Doktorat mit einer Dissertation über das Thema „Der unbewusste Gott“. Er wird Dozent für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien.
Die Literaturzeitschrift „Der Brenner“ veröffentlicht sein Drama Synchronisation in Birkenwald. Darin verwendet er ein imaginäres Konzentrationslager als Hintergrund für die Darstellung fundamentaler existentieller Fragen wie Schuld, Leid, Verantwortung und innere Freiheit.
1950
Er schreibt das Buch Homo patiens, in dem er ausführlich darlegt, wie man Menschen im Leiden Hilfe, Halt und Trost geben kann.
Auf den „Salzburger Hochschulwochen“ stellt Frankl seine „Zehn Thesen zur Person“ vor, eine der philosophischen Grundlagen der Logotherapie.
1954
1955
1955
1961
1966
Er nimmt eine Gastprofessur an der Southern Methodist Universität in Dallas an. Aus den dort gehaltenen Vorlesungen entsteht das Buch The Will to Meaning.
Zahlreiche Vortragsreisen führen ihn nach Nord- und Südamerika und nach Asien.
Frankl spricht mehrmals vor den Häftlingen in dem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis San Quentin. Seine Ansichten über persönliche Verantwortung, Schuld und Vergebung finden bei den Inhaftierten großen Anklang.
1970
1980
Der erste Weltkongress für Logotherapie findet in San Diego statt.